Brasilien- ein kurzer Reisebericht

 

So, Brasilien und ich war da. 

Langstreckenflug war jetzt nicht so prall, aber immerhin das erste Mal upgegradet worden - schick...hat also trotz der ganzen Probleme auch Vorteile mit einer  verletzten Mutter zu fliegen. Außerdem wurden wir immer überall wunderbar durchgelassen, theoretisch wäre es eine super Möglichkeit, irgendwelche Drogen am Zoll vorbeizuschmuggeln (diesen Gedanken hab ich dann spätestens auf dem Rückweg verworfen, als bei der Landung in Frankfurt große Razzia war – mit nicht aussteigen dürfen und Drogensuchhunden im Flugzeug).

 

Blick über die Dächer von Porto Alegre auf den Guaiba

 

Vor dem Zimmerfenster vom Appartement meiner Schwester in Porto Alegre (da wo ich die meiste Zeit in Brasilien verbracht habe) steht genialerweise eine Bananenstaude ein Orangenbaum und ein Papayabusch, das Frühstück ist also immer gesichert – so was werde ich demnächst auch mal in Kiel anpflanzen. Auch ansonsten ist es essenstechnisch in Brasilien ziemlich gut, nicht nur die Grundnahrungsmittel, sondern auch Gemüse und Fleisch sehr billig (teuer sind dann eher die Luxusprodukte).

Die Wohnung von meiner Schwester ist auch ansonsten sehr nett, auch wenn der Brasilianer an sich Dinge wie Sicherheitsvorkehrungen oder so nicht zu kennen scheint (die Standarddusche besteht aus einer Mischung von Duschkopf und Tauchsieder, mit blanken Kontakten direkt über dem Kopf des Duschenden – spezielle Vorkehrungen für Feuchträume tun also eigentlich gar nicht Not...rote Ampeln und Geschwindigkeitsbeschränkungen scheinen in Deutschland übrigens auch generell etwas überbewertet - zumindest verglichen mit der durchschnittlichen brasilianischen Straße).

Der Zeitzonenwechsel war kein größeres Problem auf dem Hinflug, hab die ganze Sache
einfach ignoriert und bin am ersten Sonnabend quasi direkt nach der Ankunft in Porto
Alegre zum Spiel zwischen Gremio und Internacional (Stadtderby), dem Gre-Nal oder auch
Classico. Eigentlich ne prima Sache mit ein paar Brasilianern (die konnten weder Englisch noch Deutsch, ich kein Wort Portugiesisch), von denen sich jemand, der aus dem deutschen Winter kommt, durch ein gesundes kalkweiß abhebt, bei 30 Grad in der prallen Sonne sich in den Fanblock von Gremio zu drängen. Die Polizei versuchte währenddessen, das ganze zu "ordnen"...die Menge wurde ganz einfach zusammengetrieben. Jetzt weiß ich, was eng bedeutet. Drinnen im Estadio Olimpico Monumental roch es ungefähr so wie im Pauli-Block mal 10, Stimmung war unbeschreiblich genial (Pyros und Flaggen wohin das Auge blickte, die gegnerische Mannschaft durfte lustigerweise durch einen speziellen Eingang vorm Gremioblock das Stadion betreten – wurden dafür von den Gremistas in schickes Klopapier gehüllt). Im Tausch für den Weltmeistertitel hab ich diverse Bier ausgegeben bekommen...konnte aber noch gerade nach Hause gehen.

 

Der Fanblock im Olimpico beim Gre-Nal (und ich mittendrin)

 

Einen Tag später hab ich ein bisschen die Stadt erkundet, war mit der ganzen Familie
im Stadtpark von Porto Alegre auf dem größten Kunst- und Flohmarkt der Stadt (nebenan war ein großes Jugendfußballturnier -hab mir gleich mal die Rechte an 50 vielversprechenden Talenten gesichert, die ich alle an Clubs in Europa verschachern werde oder Holstein ein paar so abgeben werde). Außerdem bin ich das erste Mal Bus gefahren - durchaus ein erwähnenswertes Erlebnis, weil Geholper ohne Ende und die ganze Zeit mit ca. 80 durch die etwas belebte Innenstadt - und hab eine Fahrt auf dem Guaiba gemacht - durch die ganzen kleinen Inseln rund um die Stadt (hab mir gleich ein Anwesen reserviert - ab jetzt heißt es sparen), inklusive Sonnenuntergang und Blick auf die Skyline...außerdem an Bord lecker Caipie getrunken, der Brasilianer an sich kann tolle Cocktails aus Zuckerrohrschnaps (von dem ich auch ein paar Flaschen exportiert habe – mit der Pitu-Plörre nicht zu vergleichen) mischen.


Porto Alegre - Sonnen, Palmen, was will man mehr?

 

Abends gab's dann Churasco (lecker aufgespießtes Fleisch vom Grill, meistens Rind und sehr günstig) – in einem Laden, wo früher auch der berühmteste Sohn von Porto Alegre Ronaldinho immer gegessen hat (wobei er das wahrscheinlich überall hat ;) ) und wo am Nebentisch eine unglaublich fette Frau gesessen hat, die original dasselbe vernichtet hat, was meine ganze Family vernichtet hat...

In der ersten Woche hatte ich mich so langsam eingelebt (in Porto Alegre kenne ich mich jetzt in der Innenstadt einigermaßen aus – alle Leute, die mal nach POA kommen, sollten mal in den Markthallen, dem Mercado Publico, vorbeischauen) und an die Temperaturen gewöhnt, Der erste Ausflug ging zur Litoral (Küste) in den Badeort Pinhal. Allerdings führten „nur“ 28
Grad (geradezu arktische Temperaturen) und ein leichter Seewind (den ein Nordlicht eigentlich recht angenehm findet) zu einem menschenleeren Strand – der Brasilianer an sich mag es halt viel heißer und friert bei solchen Minusgraden.

 

Der Strand von Pinhal - 28 ° C und keiner da

Ein paar Tage später ging es in den lustigen Ort Argentinien, der recht wichtig in Brasilien zu sein scheint, da man am Ortseingang Pässe vorzeigen muss. Vielleicht liegt es am wunderbaren Parque Nacional Iguazu. Neben lustigen Nasenbären, Tukanen und viel Wald gibt es dort vor allem die schönsten Wasserfälle der Welt zu sehen...mächtig breit und mächtig nass.

Idylle im Regenwal - Die Wasserfälle von Iguazu

 

Nach einer Woche hatte sich meine Hautfarbe von kalkweiß in ziemlich rot verwandelt, wie ein guter Europäer im Urlaub aussehen muss...aber immerhin bin ich nicht mehr der blasseste am Pool. Zudem hier gab’s in der Unterkunft in Argentinien jeden Tag Caipie-Happy-Hour und immer wieder lecker was vom Grill. Die Argentinier an sich scheint genau wie der Brasilianer an sich gerne mal ein Stück Rind zu essen (oder auch ein ganzes Rind an sich).

Ansonsten stehen dort vorm Fenster  ein Avocado-, ein Zitronen- und ein Guavenbaum, verhungern scheint auch in Argentinien recht schwierig. Außerdem ist der Duft der ganzen Blumen und Bäume der Wahnsinn. Ich werde es vermissen.

Nach dem Argentinientrip ging es dann wieder quer durch Brasilien zurueck nach Porto
Alegre (total gut ausgebaute Rumpelpiste durch die Berge hindert den brasilianischen Lastwagenfahrer an sich nicht daran auch mal 100 und mehr zu fahren). Allerdings wurde ein kleiner Zwischenstopp in Frederico Westphalen eingelegt (einer Stadt mit einer völlig überdimensionierten Kathedrale). Der Ort wurde eigentlich von Italienern gegründet, trägt seinen recht deutschen Namen aber deshalb, weil ein Deutscher aus einem recht unbedeutenden Flecken eine mittelgroße Stadt gemacht hat - wenn ich nach dem Studium nichts besseres vorhabe, gibt’s vielleicht bald einen Ort mit meinem Namen. (: Von Frederico Westphalen aus ging es auch in den kleinen Ort Ametista do Sul (der nur über eine ganz schlimme Schlagloch“straße“ mit kleiner Dschungelfähre zu erreichen ist), der zunächst recht winzig wirkt, aber einer der Hautfundorte auf der Welt für Geoden ist. Das Museum und die Miene am Ort ist wirklich beeindruckend, und als Tourist darf man sogar die Abraumhalden nach Kristallen durchwühlen. Hab sogar einige hübsche Stücke gefunden, die mein Handgepäck entsetzlich schwer gemacht haben (die Ausfuhr war aber legal).

 

Auf dem Weg nach Ametista do Sul - an Bord konnte man sogar Bier kaufen

 

Nach kurzer Erholung in Porto Alegre (und VW-Bus-Tausch – die weißen VW-Busse sind DAS Fortbewegungsmittel in Brasilien und erstaunlich gut geeignet für alle Straßen von Freeway bis Schotterpiste) zur Forschungsstation Pró Mata, gelegen auf einem Hochplateau, 930m über dem Meeresspiegel. Normalerweise ist das Wetter da oben eher nicht sooo toll, aber wir waren da und die Sonne schien. Und die 25 ° C waren für mich durchschnittlichen Mitteleuropäer eigentlich genug.

 
Als völlig neue Erfahrung bin ich mit einer Forschergruppe ein wenig durch den Küstenregenwald gestapft, war ziemlich anstrengend, aber auch ziemlich eindrucksvoll, diese Vielfalt von Blumen, Büschen und Bäumen zu sehen - und dabei so vieles, was in
klein in Deutschland auf Fensterbänken vor sich hingammelt.

Im Anschluss an die Wanderung hab ich mit den Leuten noch Fußball gespielt (eisenharter Verteidiger vs. brasilianisches Dribbling) und zum Ausklang des Abends mehrere Liter Caipie gemacht und getrunken. Waren nachher alle ganz schön angeschossen, vor allem ein paar Damen hatten etwas sehr viel. Aber alle sind gut ins Bett gekommen und am nächsten Tag (einigermaßen) fit gewesen. Danach hatte ich mir mal die Versuchsflächen meiner Schwester angeschaut und noch einen wunderschönen Wasserfall mitten im Wald "entdeckt" - absolut romantisch, aber ich wieder alleine da :( Naja, aber
schön war es trotzdem und immerhin hab ich ihn fotografiert - werd ich mir
ne Tapete von drucken lassen...

 

Blick über das Hochplateau - Lohn für den Weg durch den Regenwald

 

Von der „Wildnis und Einöde“ aus ging es in den recht mondänen Ort  Canela (auch noch recht hoch in den Bergen gelegen - der Brasilianer an sich macht hier gerne Urlaub, wenn er sich es leisten kann), wo um Ostern herum immer ein riesiges Schokoladenfest stattfindet. Juchuuu...überall Gratisproben, so etwa wie auf der Süßwarenmesse bei den Simpsons. Allerdings hatte ich bereits nach dem dritten Stand Hunger auf was schön salziges oder gesundes gehabt...gab’s aber nicht. :(

Das Wetter in Canela und der Nachbarstadt Gramado war übrigens nicht ganz so prall, einerseits ist die Gegend sowieso eher ein kühler Fleck in Brasilien (deshalb auch für die Pullifabrikation sehr berühmt) und andererseits ist der Herbst dieses Jahr recht früh gekommen. Insgesamt ist alles ein bisschen wie in Deutschland hier -  denn in dieser Ecke von Rio Grande do Sul haben viele deutsche Auswanderer gesiedelt, die Häuser sehen teilweise aus wie eine Kopie aus dem Schwarzwald oder Bayern, außerdem heißt der Supermercado „Schmidt“ und die Bäckerei „Lohmann“. Und man muss aufpassen, was man so sagt, denn die meisten sind entweder deutschstämmig und/oder sprechen relativ gut Deutsch Und dafür reist man um den halben Globus ;) Ansonsten hat's hier auch viele Italiener hingezogen, weshalb man hier neben Salami und Parmesankäse auch einen durchaus leckeren Wein gibt.

 

Gramado...und zum Frühstück rief die Kuckucksuhr

Trotzdem kann man auch hier gut ein einem kühles Brahma (ein lecker Bier hier in Brasilien, Brahma steht übrigens für BRAuHaus Mayer - und da soll noch mal einer behaupten, von Deutschland ginge nichts Sinnvolles aus), leckere Pasteis (vorzugsweise mit Rind gefüllte Blätterteigtaschen) und frisch vom Baum gepflückte Südfrüchte genießen, wie fast überall in Brasilien.

Passionsblume am Straßenrand

Nach ein paar recht kühlen Tagen in den Bergen, gab’s in Porto Algere noch mal wunderbaren Sonnenschein und 25 ° C – da konnte man noch mal richtig schön chillen und abends mit ein paar Brasilianern um die Häuser ziehen (und ihnen Moonbootica vorspielen, die sie großartig fanden). Insgesamt hätte ich noch gut ein paar Tage bleiben können, aber die Förde hat doch auch was. Und der Rückflug klappte trotz unguter Vorzeichen (Streik bei der Varig, Fluggesellschaft fast pleite) dann noch recht gut. Nur das Wetter in Hamburg hätte echt besser sein können
 

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