Reisebericht Schweden 2007
Früh morgens in Kiel gestartet, ging es Richtung Dänemark, denn diesmal hatten wir uns für die "Brückenvarinate" entschieden, sprich Kleine-Belt-Brücke, Große-Belt-Brücke und Öresundbrücke (in Richtung Schweden fährt man dabei zunächst durch einen Tunnel). Die beiden letzteren sind schon imposante Bauwerke (und machen einen durchaus stabilen Eindruck).
(die Brücke über den Storebælt - die längste Hängebrücke Europas)
Der E20 einfach nach Norden folgend, ging es dann zum ersten Reiseziel: Göteborg, der zweitgrößten Stadt Schwedens. Nicht nur die Heimat des skandinavischen Metals, sondern auch eine wunderschöne Stadt und die Heimat von drei verschiedenen Fußballvereinen. Gegründet wurde die heutige Göteborg erst 1619 durch König Gustav II. Adolf und erhielt zwei Jahre später das Stadtrecht. Die leider nur noch teilweise erhaltenen Kanäle in der Stadt sind übrigens das Ergebnis holländischer Stadtplaner. Prägend für das Stadtbild sind vor allem der Stora Hamnkanale und der Wallgraben, der ein Teil der ehemaligen Festungsanlage ist.
Und am Dienstag Abend hieß es Derby-Time im Ullevi-Stadion zwischen GAIS und IFK.
(für den Derbybericht dem Schild folgen)
Natürlich kam auch ein wenig Sightseeing nicht zu kurz, man hätte aber sicher noch viel mehr Zeit dort verbringen können.
Aber stattdessen haben wir den Kurs Südost eingeschlagen. Ab Halmstadt war dann nur noch Nebel zu sehen (und das auf einer Nebenstrecke kann durchaus anstrengend sein). Trotzdem haben wir unser Ziel, Skånes Fagerhult sicher erreicht. Morgens wurde man dann mit Blick auf Wald und Sonnenschein belohnt...
Skånes Fagerhult hat vor allem eins zu bieten und das sind ausgedehnte Wälder in denen sich neben Elchen auch ganz viele Blaubeeren (die sich allerdings früher im Jahr), Preiselbeeren und Pilze verstecken. Neben Maronen und Pfifferlingen haben wir diesmal sogar Steinpilze gefunden.
Neben den Wäldern hat Südschweden auch andere schöne Landstriche zu bieten. Wenn die Sonne mitspielt, kann man richtig schöne Fotos machen.
(Abendstimmung in Småland)
Manchmal brechen in Schweden übrigens auch Ponys aus und rennen auf vielbefahrenen Straßen rum. Aber zum Glück ist ja Frauke da ;)
Eine absolute Besonderheit kann man in dem kleinen Ort Grimeton finden. Dort steht der einzige noch existierende Längstwellensender der Welt (der früher Teil eines Funknetzes war, dessen Zentrale auf Long Island in den USA war). Dieser ist aus diesem Grund auch schwedisches Technikmonument und seit 2004 UNESCO-Weltkulturerbe. Grimeton wurde als Ort für die Funk/Radiostation gewählt, da hier in Richtung Westen bis Amerika nichts störendes mehr kommt (Norwegen liegt nördlicher, Schottland südlicher) und die Kommunikation über den Atlantik sollte die Hauptaufgabe des Senders sein. Später, als der Längstwellenbetrieb nicht mehr dem technischen Standard entsprach, diente die Anlage noch dem schwedischen Militär zur Kommunikation mit ihren U-Booten. 1995 wurde der Längstwellensender außer Dienst gestellt, ist aber bis heute voll funktionsfähig. Zur 1924 durch den schwedischen König eingeweihten Anlage gehören neben den sechs markanten, 127m hohen Stahlmasten noch die Funkstation, in der der von Erik Alexanderson konstruierte "Alternator" steht (ein Wechselstromgenerator zur Wellenerzeugung), diverse moderne Funkeinrichtungen (es wird also immer noch von hier gefunkt), sowie der alte Stationswagen (ein schöner, alter Chevrolet) mit eigener Tankstelle.
Mehr Infos über den Längstwellensender, gibt's hier.
Grimeton ist ansonsten ein vergleichsweise kleiner Ort, allerdings mit einem sehr anschaulichen Landgut und der Gödestads Kyrkoruin, die Ruine einer mittelalterlichen Kirche, die im 19. Jahrhundert verlassen wurde, weil sie ganz einfach für den Ort zu klein wurde. Mehr kann man von einer Infotafel erfahren:
(Plan der Kirche)
"Die mittelalterliche Kirche von Gödestad stammt vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Der Verdacht erschließt sich, da unter der südlichen Mauer eine Silbermünze aus dieser Zeit gefunden wurde. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Kirche auch älter ist. Die Außenwände waren aus Granit gemauert, die Kirche hatte einen Süd- und einen Nordeingang, sowie einen westlichen Glockenturm und ein gewölbtes Dach mit Malereien aus dem Alten Testament. Die Kirche wurde 1874 aufgegeben. Die Einrichtung, sowie das Dach wurden zu Geld gemacht. Ein Zeitzeuge berichtete, dass alles Wertvolle zerlegt und in Teilen unter Gemeinde versteigert wurde. Zum Teil wurde die Dinge als Spielzeug, oder sogar als Schnapsregal benutzt. Ab 1897 handelte es sich nur noch um eine Ruine, während die neue Kirche der Gemeinde bereits eingeweiht war. 1934 wurde die Ruine auf Initiative von Bogislaw Klingsor und mit Hilfe von Baumeister Adolf Tell konserviert."
Ganz in der Nähe von Grimeton liegt an der Ostsee die Stadt Varberg mit der großen gleichnamigen Festung. Auch die Stadt ist eine Reise wert (mitten in der Stadt am Hafen liegen übrigens drei FKK-Strände, also nicht wundern über die Freizügigkeit).
Die ältesten Teile der Festung Varberg stammen aus dem 13. Jahrhundert und wurde von Graf Jacob Nielsen erbaut. Sie war unter Karl XII. königliche Residenz und beherbergt heute neben dem Provinzmuseum Varberg auch ein Restaurant, ein Café und eine Jugendherberge. Zudem finden in der Festung von Zeit zu Zeit Märkte statt (vom Herbstmarkt haben wir leider nur die Vorbereitungen mitbekommen).
Außerdem liegt auch noch Nordeuropas größtes Vogelschutzgebiet bei Varberg, das Getteröns naturreservart. Dort kann man ein paar ruhige Stunden verbringen, Käffchen trinken, Waffeln essen (das tut der Schwede an sich sehr gerne) und Unmengen von Zugvögeln beobachten.
Mehr Infos zum Vogelschutzgebiet gibt's hier.
An den schwedischen Straßen sind übrigens Unmengen der bekannten Elch-Warnschilder zu finden und das auch völlig zurecht, wie Elchspuren (zweierlei Art) neben der Straße zeigen.
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Wer übrigens nicht so viel Glück hat, einen Elch in freier Wildbahn zu sehen, dem empfehle ich die Elch-Safari bei Markaryd. Ein großes, eingehegtes Waldstück in dem Elche sich frei bewegen (sprich, man kann auch mal Pech haben und keinen sehen) und man mit dem Auto herumfährt, und auf Fotojagd geht. Und wenn man schon da ist, unbedingt im Anschluss auch hier Waffeln essen gehen. Die Våffelstuga ist wie ein traditionelles schwedisches Haus eingerichtet und die Waffeln sind köstlich.
Ganz in der Nähe verläuft übrigens die Riksettan 1 (R1), die über Jahrhunderte wichtige Nordsüdverbindung in Schweden.
Durch den Bau der Europastraße 4 verlor die alte R1 allerdings an Bedeutung (zahlreiche verlassene Hotels und Tankstellen zeugen davon). Seit einigen Jahren ist der Teil der R1 in Småland allerdings zu einer Art Touristenstraße ausgebaut worden, an der es eine Menge zu entdecken gibt. Kulturelle, geschichtliche, aber auch kulinarische Highlights (hab ein wenig gebraucht zu verstehen, was die Schweden uns mit "Rauchstube" sagen wollten - es handelt sich um Räucherkaten) finden sich direkt an der oder ein wenig abseits der Strecke. Am besten man nimmt sich einfach Zeit mit (und vielleicht auch ne Angel, denn zum Angeln gibt es nicht nur am Bolmen, einem der größten Seen Südschwedens, viele, hervorragende Möglichkeiten).
(typischer geht es fast nicht)
Vor allem geschichtliche Zeugnisse aus der Wikingerzeit gibt's hier einige zu finden, besonders auffällig die Grabhügelanlagen: das Hamneda Gravfält, die Bäckaryds Grävfelted und die Kånna Höga. Begräbnisplätze aus ursprünglich heidnischer Zeit, die aber nach der Missionierung weitergenutzt wurden.
Wenn man noch ein bisschen weiter als die R1 Richtung Norden fährt, kann man auch einen Abstecher nach Gränna machen. Aus dieser Stadt stammen die "Polkagrisar", was übersetzt soviel wie "Polkaschweinchen" heißt - es handelt sich aber um die in Schweden sehr beliebten rot-weißen Zuckerstangen. Die sind auch im ganzen Land zu bekommen, ganz frisch, sowie einen Einblick in ihre Herstellung bekommt aber nur in Gränna.
Am letzten Tag waren wir übrigens noch bei unserem zweiten Fußballspiel in Schweden: Topspiel in Division 3 Südwestschweden/Gotland zwischen Markaryds IF vs. IFK Fjärås. Markaryd war schon vorher Meister und Aufsteiger, Fjärås musste aber gewinnen um ins Relegationsspiel um den Aufstieg zu kommen. Haben sie ja dann auch mit 2:0 geschafft (das 0:2 kurz vor Schluss übrigens durch einen tollen Heber aus über 30 m Entfernung von Michael Boman, der auch schon zum 1:0 genetzt hatte). Sehr schön auch die Preise am Skärsjövallen (dem kultigen Stadion in Markaryd mit einer netten vollüberdachten Haupttribüne aus Holz, die mind. 500 Zuschauer fasst): T-Shirt 50 SEK (1 Euro entspricht ungefähr 9 SEK) und Stadionwurst 10 SEK.
Neben Stadionwurst, Köttbullar und Kanelbullar hat Schweden kulinarisch aber noch einiges anderes zu bieten: Ich empfehle Pilzpfanne mit frischen Waldpilzen, Gravedlax mit Bratkartoffeln und Elchsteak.
Übrigens kann man seinen Plan, eine Woche ohne Fernsehen auszukommen, ganz schnell aufgeben, wenn Werder Bremen 8:1 gewinnt. Und statt Höhenangst zu haben, klettert man in wacklige, schwedische Kiefern...
Als Fazit bleibt festzustellen, dass man wieder so viel in einer Woche gesehen, entdeckt und erlebt, aber trotzdem auch schön entspannt hat. Südschweden ist halt immer eine Reise wert. Und gerade im Herbst haben Småland und Skåne ihren ganz eigene Atmosphäre.